Dieser Artikel erschien im Juli 2017 bei managerSeminare. Lade ihn hier herunter.

Was macht gute Führung aus? Wie können Menschen möglichst produktiv zusammenarbeiten? Diese Fragen stellen sich nicht erst in Zeiten der Digitalisierung und des globalen Wettbewerbs. Neu sind jedoch die Antworten, die Unternehmen zunehmend in einer Verbindung von flachen Hierarchien und neuen Formen des freien und selbstbestimmten Arbeitens suchen. Vorbild ist zum Beispiel die Startup-Szene, auch die New-Work- Bewegung und Ansätze zum agilen Management gehen von selbstständigen, teilhabenden und weitgehend autonom arbeitenden Mitarbeitern aus. Die klassische, direktive Führungskraft kommt in modernen Arbeitskonzepten kaum noch vor, in Zukunft wird die Führungskraft mehr und mehr die Rolle des Coachs übernehmen. Aber was heißt das für die einzelne Führungskraft? Was genau muss sie mitbringen, um solche selbst organisierten, intrinsisch motivierten Mitarbeiter zu führen?

Früher wurde die Frage nach Führungsqualität schnell mit der Persönlichkeit beantwortet, die einen echten Leader angeblich auszeichnet, oder mit bestimmten Kompetenzen, etwa der Fähigkeit, andere zu motivieren, zu inspirieren oder sich durchzusetzen. Auch heute noch investieren Unternehmen viel Geld, um den geborenen Leader zu finden, und noch einmal viel Geld, um die weniger begabten Führungskräfte in der Anwendung von Führungswerk- zeugen zu schulen. Dabei unterliegen sie jedoch zwei zentralen Denkfehlern. Der erste besteht darin, dass sie glauben, gute Führung basiere auf einem relativ festen Set an Fertigkeiten, nach dem Motto: Wenn Sie dieses Tool, jenes Schema anwenden, können Sie jedes Team führen. Der zweite Denkfehler ist, dass es sich bei Führung um die Fähigkeit einer einzelnen Person handelt. Aber Führung findet nicht in einem luftleeren Raum statt, sondern zwischen zwei oder mehr Menschen. In der modernen Arbeitswelt bedeutet Führung daher mehr denn je Beziehungsgestaltung.

Vier Metakompetenzen für die Beziehungsarbeit

Die optimale Führungskraft für die moderne Arbeitswelt ist also diejenige, die es schafft, zu unterschiedlichen Menschen eine konstruktive und zielgerichtete Beziehung aufzubauen und dauerhaft zu pflegen. Doch Beziehungen haben die Eigenschaft, höchst individuell auszufallen, ein festes Set von Tools und Führungsfertigkeiten ist da von wenig Nutzen. Was Führungskräfte vielmehr brauchen, sind übergeordnete Fähigkeiten, die sie in die Lage versetzen, selbst herauszufinden, was sie in multilateralen Beziehungen brauchen. Anders als spezifische Führungskompetenzen sind solche Meta-Kompetenzen für jede Art Beziehung und über den Führungskontext hinaus relevant. Metakompetenzen lassen sich außerdem – im Gegensatz zu Persönlichkeitseigenschaften – trainieren, ohne damit auf ein reines Tooldenken zurückzufallen.

In meiner Praxis als Coach für Führungs- kräfte habe ich vier Metakompetenzen beobachtet, die zu guten Beziehungen und damit zu unternehmerischem Erfolg beitragen. Die erste ist Selbst-Bewusstsein. Damit ist nicht Selbstvertrauen gemeint, sondern ganz wörtlich das Bewusstsein seiner Selbst, wie es nur aus intensiver

Selbstreflexion entstehen kann. Die Entwicklung eines realistischen Selbstbildes erfordert die aufmerksame Wahrnehmung und Hinterfragung der eigenen Gedanken und Gefühle, der eigenen Stärken und Schwächen. Selbst-Bewusstsein bedeutet insbesondere Klarheit in Bezug auf fünf zentrale Grundbedürfnisse: Liebe/Zugehörigkeit, autonomer Selbstausdruck, Sicherheit/Vorhersagbarkeit, Wachstum/ Stimulation, Sinn/Bedeutung. Diese Grundbedürfnisse beeinflussen große Teile un- seres Verhaltens – oft ohne dass wir uns dessen bewusst werden. Doch nur wer diesen unter der Oberfläche verborgenen Teil, seinen persönlichen Eisberg richtig kennt, weiß über sich selbst genug, dass er andere führen kann.

Eisberg-Modell

Das Eisbergmodell versinnbildlicht die unterschwelligen Gefühle, Gedanken und Werte, die unser Verhalten bestimmen. Die wiederum basieren auf fünf Grundbedürfnissen, die uns oft selbst nicht bewusst sind, die man sich aber bewusst machen muss, um andere gut führen zu können.

Nur wer sich selbst kennt, kann andere führen

Wie wichtig das ist, illustriert ein Beispiel, das ich bei einem Unternehmercoaching mit dem Inhaber eines mittelständischen Unternehmens erlebt habe. Auftakt war ein 360°-Feedback, von dessen Ergebnis der Unternehmer schockiert war: Zu groß war die Diskrepanz zwischen seiner Selbsteinschätzung und der Wirkung, die er offensichtlich auf andere hatte. Bei der Analyse, bei welchen Verhaltensweisen die Wahrnehmungen besonders stark abwichen, realisierte mein Klient, dass er – ohne es je bemerkt zu haben – Glaubenssätze vertrat, die er von seinem überkritischen Vater übernommen hatte, zum Beispiel: „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ oder „Menschen sind faul und arbeiten nur, wenn man die Zügel straff hält“. Ihm wurde außerdem erstmals klar, wie stark der Wert „Respekt“ für ihn im Vordergrund stand, und dass ein Teil von ihm glaubte, dass sein teilweise harsches Verhalten sowohl Respekt in anderen erzeugte als auch als Zeichen von Respekt anderen gegenüber gewertet werden konnte (schließlich war er ja nur „ehrlich“).

Als er das über sich selbst und seine verborgenen Bedürfnisse gelernt hatte, konnte der Unternehmer den zweiten Schritt gehen: ein Entwicklungsziel (quasi einen neuen Eisberg) für sich entwerfen, das die Kluft zwischen seinem Selbstbild und der Wahrnehmung durch seine Mitarbeiter verringern konnte, welche die Gestaltung der gemeinsamen Arbeitsbeziehung störte. Er konnte sich nun entscheiden, nicht länger nach Zustimmung seines Vaters zu streben und fortan seinen Führungsstil selbst zu wählen. Und er konnte seinen zentralen Wert Respekt neu definieren: Er wollte nicht aus Angst vor seiner Kritik respektiert werden, sondern als der Mensch, der er ist, und für die Ergebnisse, die er produzierte. Gleichzeitig wollte er selbst anderen mehr Respekt erweisen und besser zwischen Person und Verhalten trennen. Tatsächlich: Seine kritischen Tiraden wurden seltener, und sein Umfeld quittierte seine Verhal- tensveränderungen mit einer gesteigerten Bereitschaft, sich ihm gegenüber zu öffnen, sein neues Selbst-Bewusstsein vertiefte das Vertrauen anderer in seine Führungsfähigkeit.

Ungeliebten Teil des Selbst akzeptieren

Eine Verbesserung, die ohne die Metakompetenz Selbst-Bewusstsein nicht möglich gewesen wäre: Indem sich die Führungskraft mit der eigenen Psyche und ihrem Verhalten auseinandersetzte, schaffte sie die Voraussetzung, auch mit anderen reflektierter und verantwortlicher umzugehen. Fundiertes Selbst-Bewusstsein strahlt nicht nur Kongruenz aus, die schon per se auf andere anziehend wirkt. Zu wissen, wer man ist und wofür man steht, ist die Voraussetzung dafür, anderen überhaupt vermitteln zu können, was man will. Denn Menschen folgen nur, wenn sie erstens den tieferen Sinn nachvollziehen können, auf den ihre Führungskräfte zielen, und wenn sie zweitens die Chance haben, mit ihren eigenen Gedanken, Gefühlen, Werten und Bedürfnissen gehört zu werden. Führungskräfte müssen daher ihren persönlichen Eisberg kennen, also das, was sie selbst aus der Tiefe ansteuert, weil sie sonst ihre Absichten nicht stimmig vertreten und andere weder inspirieren, noch „abholen“ können.

Zum Selbst-Bewusstsein muss allerdings noch eine weitere Metakompetenz hinzukommen: Selbstakzeptanz. In jedem von uns gibt es Anteile, die wir selbst nicht mögen, oder die wir als nicht erstrebenswert ansehen. Das kann die Beziehungsgestaltung massiv beeinträchtigen, wie ein weiteres Beispiel aus meiner Coachingpraxis zeigt: Die Vorstandsvorsitzende eines öffentlichen Unternehmens durchlebte einen tiefen Konflikt mit einem Vorstandskollegen. Die Animosität zwischen beiden hatte so starke Formen angenommen, dass beide extrem darunter litten, ihren Arbeitsalltag miteinander bestreiten zu müssen. Die Situation drohte sich auf einen Showdown zuzuspitzen, den nur einer von beiden auf seiner Position überlebt hätte. In einem Gespräch zu dritt bat ich beide, aufzuschreiben, was sie besonders am anderen hassten oder verachteten, und was der andere getan hatte, das zu einer Verletzung geführt hatte. Im nächsten Schritt bat ich sie, dieselben Sätze noch einmal zu notieren, aber diesmal mit dem Satzanfang „Ich bin …“. Auf ihren Blättern stand folglich nicht nur: „Er ist hinterhältig und redet mit anderen schlecht über mich“, sondern nun auch „Ich bin hinterhältig …“. Nachdem beide für alle Ich-Aussagen Beispiele finden mussten, bat ich sie, noch einen weiteren Zusatz an das Ende ihrer Sätze zu schreiben. Der Zusatz lautete „… und das ist okay, weil es menschlich ist.“

Hinterhältig ist nicht okay – oder doch?

Wo dem Satz „Ich bin hinterhältig und rede schlecht über ihn“ zähneknirschend noch ein gewisser Wahrheitsgehalt zugestanden wurde, löste die Aussage „Ich bin hinterhältig und rede schlecht über ihn – und das ist okay, weil es menschlich ist“ regelrechtes Protestgeheul aus. Der Protest erklärt sich daraus, dass wir schlicht nicht wollen, dass dieses Verhalten okay ist. Hinterhältig zu sein entspricht bei den allermeisten Menschen weder dem Selbstbild noch den unterschwelligen Werten. Doch obwohl niemand so sein möchte, gibt es wenige Menschen, die ernsthaft von sich behaupten können, sich so noch nie verhalten zu haben.

Bewusste Selbstakzeptanz bedeutet, diese inneren Widersprüche wahrzunehmen und in einen wertschätzenden Dialog mit ihnen zu treten. Menschen, die eine bewusste, entspannte Selbstakzeptanz ausstrahlen, erleben wir als stimmig, weil sie wissen, dass ihr eigenes Denken, Fühlen und Handeln niemals hundertprozentig konsistent sein kann. Eben weil sie menschlich sind. Fehlt dieses Wissen, führt das tendenziell zur Negierung alles Ungeliebten, Widersprüchlichen und Fehlbaren in uns selbst – und damit zur Vergrößerung unserer blinden Flecken. In der Konsequenz daraus reagieren wir mit starker Ablehnung auf alle Menschen, in denen wir Spuren unserer eigenen Fehlbarkeit zu erkennen meinen. Wenn wir also unsere eigenen Schwächen nicht wahrhaben wollen oder akzeptieren können, führt das fast immer zu einer Eskalation von Konflikten. Umgekehrt kann die Akzeptanz zu Lösungen führen, wie es im konkreten Beispiel geschehen ist: Zwischen meinen beiden Konfliktparteien entspannte sich die Atmosphäre spürbar, als beide anerkannten, dass sie selbst zutiefst menschlich fühlten und handelten. Mit der Selbstakzeptanz kam die Öffnung für einen echten Dialog über verletzte Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche für die Zukunft.

Persönliche Verantwortungsübernahme

Selbstakzeptanz bedeutet hierbei aber nicht, sich selbst alles „durchgehen zu lassen“ oder gar gleichgültig gegenüber dem eigenen Denken und Handeln zu sein. Es geht vielmehr darum, durch eine reflektierte Selbstakzeptanz die Grundlage für einen empathischen und wertschätzenden Umgang mit anderen zu schaffen. Wenn für andere ersichtlich ist, dass ich mir meine eigene Menschlichkeit verzeihen kann, begegnen sie mir mit mehr Vertrauen und einer größeren Bereitschaft, sich ebenfalls mit ihrem eigenen widersprüchlichen Verhalten und seiner Wirkung auseinanderzusetzen. Gute Voraussetzungen für eine gelingende Beziehungsgestaltung.

Dabei ist es notwendig, dass wir uns nicht immer und automatisch als Opfer widriger Umstände oder schlechter Entscheidungen und Fehler anderer verstehen. Zwar sehen wir uns selbst selten als Verursacher von Situationen, die wir als schwierig erleben – doch genau das sind wir oft, zumindest sind wir daran beteiligt. Durch das Anerkennen, wie wir durch unsere innere Haltung und unser Verhalten die Konsequenzen (mit-)erzeugt haben, mit denen wir uns jetzt konfrontiert sehen, durch die Übernahme von Verantwortung für die Situation ergeben sich Handlungsoptionen, und Veränderung wird möglich. Das ist die dritte Metakompetenz, die Führungskräfte für die Gestaltung von guten Beziehungen brauchen.

Was ohne sie passieren kann, zeigt das Beispiel eines Abteilungsleiters in einem meiner Kundenunternehmen. Im Rahmen einer Restrukturierung verlor er eine gesamte Abteilung und damit erheblichen Einfluss in der Organisation. Er war verzweifelt vor Ohnmacht und zerfressen von Wut auf die ungerechten Entscheidungen der Unternehmensleitung. In einem Gespräch zu dritt mit einem Vertreter der Unternehmensleitung wurde ihm dargelegt, welche seiner Verhaltens- weisen mit zu der Entscheidung beigetragen hatten: So hatte er wiederholte Angebote für einen gemeinsamen Lösungsfindungsprozess, dann Aufforderungen für Verhaltensänderungen, denen schließlich Anweisungen und zuletzt Warnungen folgten, alle ignoriert. Da er auch nach mehrmaligen Gesprächen keine Ansätze zeigte, sich selbst als aktiven Gestalter statt nur als passives Opfer zu sehen, führte dies letztlich zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen. Die Organisation hatte sich einem Kulturwandel verschrieben, der allen Beteiligten den Willen zur Selbstreflexion abverlangte.

Seine Weigerung, sich selbst in irgendeiner Weise als Mitgestalter zu verstehen, sich selbst zu reflektieren und Verantwortung zu übernehmen, stand im direkten Konflikt mit der inneren Haltung, die sich im gesamten Haus zu entwickeln begann. Persönliche Verantwortungsübernahme erfordert Mut und den Willen, sich dem Feedback anderer zu öffnen. Solange wir keine Verantwortung für unsere eigene Realität übernehmen, versperren wir uns den Zugang zu unserer gestalterischen Fähigkeit.

Wurzel aller Missverständnisse

Natürlich ist es im Führungsalltag nicht ausreichend, sich lediglich über das eigene Innenleben bewusst zu sein, sondern die Führungskraft muss auch in der Lage sein, dieses anderen schlüssig zu kommunizieren. Dem Wunsch nach Gefolgschaft der eigenen Pläne, Bedürfnisse und Beweggründe wird nur entsprochen, wenn diese klar geäußert werden. Schnell unterliegen wir dem Fehler, zu glauben, unsere Wünsche und Bedürfnisse lägen für alle klar auf der Hand und seien auch ohne Erklärungen offensichtlich. Unzureichende oder unvollständige Kommunikation ist die Wurzel aller Missverständnisse. Niemand kann Gedanken lesen und andere halten uns selten für so klar und unmissverständlich, wie wir selbst zu sein meinen. Die vierte Metakompetenz ist also Kommunikationsvermögen mit seinen beiden Säulen: sich selbst mitzuteilen und anderen zuzuhören. Wenn ich mich mitteile, vertieft dies das Verständnis anderer für mich, wenn ich anderen zuhöre, vertieft dies mein Verständnis für sie, für ihre Motive und Wünsche. Beides ist entscheidend für jedwede Beziehungsgestaltung und den Aufbau von Vertrauen.

Wie die anderen Metakompetenzen Selbst-Bewusstsein, Selbstakzeptanz, per- sönliche Verantwortungsübernahme kann und muss das Kommunikationsvermögen geschult werden. Die Entwicklung der vier Metakompetenzen bietet Führungskräften die Chance, zu echten Befähigern zu werden: in einer coachenden Rolle und zugleich als Rollenmodell, um dieselben Kompetenzen auch bei anderen zu fördern und weiterzuentwickeln. Denn wenn wir Führung definieren als einen Beziehungsprozess zwischen zwei oder mehr Personen, macht sogar die beste Führungskräfteentwicklung, ausgerichtet auf die Entwicklung von Metakompeten- zen und Selbstführung, nur bedingt Sinn. Solange nur in Führungskräfte investiert wird, bleibt die Hälfte des Führungspotenzials ungenutzt. Stattdessen müssen sich Unternehmen heute die Frage stellen, wie sie sinnvoll in die Entwicklung von Metakompetenzen aller am Führungsgeschehen Beteiligter investieren können. Letztlich muss das Ziel eine Unternehmens- und Führungskultur sein, in der die Metakompetenzen eine zentrale Rolle spielen – und in der alle Hierarchieebenen daran teilhaben.

Übungen zu den vier Metakompetenzen

Moderne Führung ist Beziehungsgestaltung. Für diese braucht es die vier beschriebenen Metakompetenzen, die sich mit folgenden Übungen leicht schulen lassen.

Selbst­-Bewusstsein

Mit Blick auf Ihren persönlichen Eisberg, können Sie sich die folgenden Fragen stellen:

Bedürfnisse

  • Welchem Grundbedürfnis (Zugehörigkeit, Selbstausdruck, Sicherheit, Wachstum, Sinn) habe ich in meinem Leben besonders viel Gewicht gegeben?
    Welche positiven und negativen Konsequenzen hat dies in meinem Leben gehabt?
  • Welches Bedürfnis möchte ich stärker in den Fokus rücken?

Werte

  • Was sind drei Situationen in meinem Leben, in denen ich besonders stolz, glücklich oder erfüllt war? Welche Werte wurden in diesen Situationen erfüllt?
  • Was sind drei Situationen in meinem Leben, in denen ich besonders wütend, enttäuscht oder unglücklich war? Welche Werte wurden in diesen Situationen nicht erfüllt?
  • Welche meiner Werte erlebe ich in Resonanz mit meiner Organisation/meinem Team/meiner Aufgabe?
    Welche meiner Werte erlebe ich diskrepant zu meiner Organisation/meinem Team/meiner Aufgabe?

Gedanken und Gefühle

  • Welche Gefühle erlebe ich häufig?
  • Welche Annahmen habe ich über mich, meine Rolle, meine Fähigkeit, etwas zu beeinflussen, und wozu dienen sie mir? Welche Annahmen habe ich über meine Organisation, meinen Chef, mein Team, meine Kollegen, und wozu dienen sie mir?

Selbst­-Akzeptanz

Notieren Sie Ihre Urteile über eine Person, mit der Sie einen Konflikt erleben. Stellen Sie nun vor jede Aussage „Ich bin …“. Fügen Sie nun an das Satzende „… und das ist okay, weil es menschlich ist“. Also z.B.: „Er ist rechthaberisch.“ -> „Ich bin rechthaberisch.“ -> „Ich bin rechthaberisch, und das ist okay, weil es menschlich ist.“

Beobachten Sie, welchen Effekt die dritte Aussage auf Sie hat. Wenn Sie Ihnen große Probleme bereitet, überlegen Sie Folgendes: Wann könnte Rechthaberei (oder eine andere Eigenschaft) eine Stärke sein? Formulieren Sie einen Satz nach dem Muster: „Eine homöopathische Dosis Rechthaberei könnte dazu führen, dass ich einen klaren Standpunkt beziehe.“

Persönliche Verantwortungsübernahme

Denken Sie an eine Person, mit der Sie aktuell im Konflikt liegen. Schreiben Sie eine Liste mit allen Gedanken oder Handlungen, die Sie getätigt oder unterlassen haben, um diese Person zu entwerten oder ihr zu schaden. Nehmen Sie diese Liste nicht als Anlass für Selbstkritik (s. Selbst-Akzeptanz), sondern als Hinweis, wie Sie zu dieser Situation beigetragen haben.

Überlegen Sie jetzt, welche Werte Ihnen wirklich wichtig sind (s. Selbst-Bewusstsein).

  • Was könnten Sie tun, um Ihre Werte in Ihrer Arbeit stärker umzusetzen?
  • Wo könnten Sie einen Schritt auf die Person zugehen?
  • Worauf könnten Sie Einfluss nehmen?

Kommunikationsvermögen

Kommunikationsvermögen lässt sich mit dem sogenannten Listening Circle trainieren, einer strukturierten Austauschform für Gruppen und Teams aller Art, idealerweise auch der Führungskraft. Denken Sie sich Fragen aus, die für Ihren Kontext sinnvoll sind (z.B. die Zusammenarbeit des Teams, der Status eines Projekts oder die Suche nach Ideen) und die jeder beantworten muss. Der Listening Circle beginnt mit zwei Minuten stiller Reflexion. Danach folgen, reihum für jeden Teilnehmer, drei Minuten ununterbrochener Redezeit. Dabei widmen sich die Zuhörer dem jeweiligen Sprecher mit voller Aufmerksamkeit, ohne zu kommentieren oder Witze zu machen.
Ziele des Listening Circles sind:

  1. den Kreislauf des ewigen Diskutierens zu unterbrechen;
  2. eine gleichberechtigte Form des Austauschs zu fördern;
  3. die Fähigkeit zum Zuhören zu trainieren.

In Teams, die das Ritual in ihrem Arbeitsalltag pflegen, verbessern sich Arbeitsatmosphäre und -effektivität spürbar, da Mitteilen und Zuhören das gegenseitige Verständnis und Vertrauen erhöhen.